Montag, 27. Februar 2012

120311. Elfter März 2012

" They all care so much.
Do you ever wonder if there's something wrong with us? "

(BBCs SHERLOCK S2E1)

Foto (c) Maison Belot
Es ist traurig, dass es einen Krankenhausaufenthalt braucht, damit die vermeintlich netten Arbeitskolleginnen aufhorchen und sich um einen kümmern. Fatia konnte das Krankenhaus wieder verlassen, braucht aber noch lange um wieder zu Kräften zu kommen. Sie ist sehr sehr sehr müde und wartet momentan auf ihre Untersuchungsergebnisse. Plötzlich machen sich alle Sorgen um mich. Um mich. Ich, die deutsche Freiwillige, die ganz allein ohne ihre Animatrices dasteht und nicht weiß wie es in Zukunft weitergeht.


Die vergangene Woche war sehr anstregend für mich und trotz Karneval war mir nicht lustig zumute. Körperlich ist die Arbeit im Altenheim kein Problem. Aber psychisch war ich ziemlich fertig mit den Nerven. Ich kann nichtmal genau sagen, warum.Vielleicht das ständige Alleinarbeiten, meine eigenen hohen Erwartungen, das Fragen der Altenheimbewohner nach Fatia und Estelle..


In manchen Momenten ich hätte weinen können, so elend fühlte ich mich. Trotzdem gab es - oh, Wunder - Augenblicke, in denen ich die Bitterkeit meiner Situation hätte weglächeln können. Ein wahres Wechselbad der Gefühle, irgendwo zwischen An- und Entspannung.

Letzten Donnerstag war es allerhöchste Zeit klare Verhältnisse für den Rest meines Freiwilligendienstes oder eher die kommenden Wochen zu schaffen. Frau Chefin, Madame Wallet, suchte das Gespäch mit mir und ließ mich wissen, dass ich wirklich nur eine Freiwillige sei und nicht alles machen könne. Welch Einsicht. Da meine lieben Kolleginnen Estelle und Fatia wegen Krankheit definitiv bis zum 11. März 2012 nicht zur Arbeit erscheinen, gibt es für viele Leute ein bisschen mehr Arbeit. Damit ich ein wenig entlastet und vertraglich nicht in Schwierigkeiten komme. Obwohl es schon zu wenig Krankenpfleger für die tägliche Krankenpflege gibt, werden mir mindestens zwei Pflegerinnen beim Frühstück helfen. Die Sekretärin Joëlle wird mir bei der Animationsplanung helfen. Eine neue Ehrenamtliche wird mir jeden zweiten Donnerstag zur Seite stehen. Laurent, der das Atelier Gymnastque douce macht, wird wie bisher jeden zweiten Freitag kommen. Zudem "eilt" das Animationsteam des "Maison Blanche" künftig immer am Montag- und Mittwochnachmittag herbei, um entweder mit der Erinnerung der Altenheimbewohner zu arbeiten oder Wii zu spielen. Dass Christine vorbei kommt - Emmanuel wäre an diesen Nachmittagen mit Amandine allein - finde ich persönlich klug. So können die Altenheimbewohner mit ihrer neuen Animatrice Bekanntschaft machen bevor im September umgezogen wird.

Man sollte meinen, ich könnte mich aufgrund dieser Problemlösung geehrt und wahrlich entlastet fühlen. Dieses Organisationsvorhaben klingt als könnte es auf Dauer geplant sein und nicht nur bis zum 11. März. Ich werde sehen, was daraus wird, aber momentan geht es mir emotional schon viel besser als vorher. Morgen geht die Sonne wieder auf!     


Habt einen schönen, sonnigen Frühlingsanfang,
eure Lucie ♥

Montag, 20. Februar 2012

A study in China

Eine Deutsche repräsentiert das französische Sozialengagement "Service Civique" in Peking, weil Frankreich und die Volksrepublik China seit Jahren zusammen arbeiten und einander fördern - Moment.
Chinesen, die Französisch sprechen? Das ist ja wohl ein Witz!

Das dachte ich zumindest letzten Montag und ließ die E-Mail eiskalt fallen. Jetzt weiß ich besser mit meinen E-Mails umzugehen. Dieses Angebot vom Service Civique ist nämlich seriös gemeint. Bis letzten Freitag konnten sich alle Service Civique-Freiwilligen auf 35 Plätze bewerben, um an einer einwöchigen Reise nach China im kommenden März teilzunehmen und das fast kostenlos. Emmanuel und ich waren uns einig, dass man es zumindest versuchen könnte, dabei zu sein. Deshalb verbrachten wir letzte Woche ziemlich viel von unserer wenigen Freizeit nach der Arbeit mit Lebenslauf, Fragebogen&Co.Ob ich zu denen von der Jury Ausgewählten gehöre, erfahre ich am 29. Februar 2012.

Hollywood-Kunstblut, menschliche Puppen mit Herzschlag und ein französischer Feuerwehrmann erwarteten uns am Freitagmorgen nach einer vollen Arbeitswoche. Der erste Teil eines Erste-Hilfe-Kurses vom Service Civique stand in Belfort an. Es gab nicht viel, das mir neu war, aber eine regelmäßige Wiederholung lebensrettender Maßnahmen finde ich richtig und vorallem wichtig. Beim Wiederbeleben einer der Puppen war Emmanuel derjenige, der fast umgekippt wäre und niemand wusste wieso.

Als jedoch seine Familie abends nach Beaucourt zu Besuch kam konnte er gar nicht mehr aufhören in dieser verdammt nochmal unbeheizten Sporthalle Tennis zu spielen. Das gesamte Wochenende lebten wir zu siebt unter einem Dach.
Die kleine Schwester Léa, die mich irgendwie an mich selbst erinnert hat und das "Tagebuch der Anne Frank" liest. Der zwei Jahre jüngere Bruder Daniel, der seinem Vater so sehr ähnelt. Der portugiesische Freund David, der Ganache zum Kuscheln gern hat. Der Vater Jean-George, das stille brummige Familienoberhaupt. Die mère poule, die alle liebevoll bekocht und den Haufen zusammen hält. Und Emmanuel, der die Geborenheit der Familie sichtlich genossen hat. Seiner famille, nicht meiner. A study in Schwartz.
Eigentlich wollten wir Samstag Ski fahren, aber die Franzosen haben ihre eigene Zeitplanung einfach verschlafen und so gingen wir in Pont de Riode auf schneebedeckten Straßen wandern. Abends hörte ich mir mit Jean-Francois und Jean-Phillipe ein tolles Orchester an und gab den Franzosen ein bisschen Zeit unter sich. Das war mir wichtig. Danach kam ich leider nicht mehr zum Wii-Spielen. Sonntag war irgendwann wieder Ruhe in unserer Wohnung und Müdigkeit machte sich breit.

Die nächste Hiobsbotschaft ließ aber nicht lange auf sich warten. Heute Morgen musste ich erfahren, dass Fatia Donnerstag ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Diese Nachricht trieb mir Tränen in die Augen und nahm mir für einen Moment die Luft. Der seelische Druck, der zunehmend auf mir lastete, nahm erst am Nachmittag wieder etwas ab. Sekretärin Joëlle informierte mich, dass Fatia entlassen wurde und die nächsten Tage nicht kommt. Karneval is cancelled.

Vorhin erzählte mir Emmanuel, der Direktor der beiden Altenheime in Beaucourt möchte, dass die Animateurinnen Christine, Amandine und er mir im "Maison Belot" unter die Arme greifen. Das kann was werden...

Video: "Stillness Of Heart" - Lenny Kravitz

Euch alles Gute, bleibt gesund!

Montag, 13. Februar 2012

Cuddle heart attack

Groupe Oiwah (c) Google Images
Dear mum, dear dad, dear grandma,

vielen lieben Dank fuer die Pakete, die ihr mir geschickt habt. Mein cuddle heart attack! Ich habe mich riesig gefreut und weiss, dass alle Sachen mit ganz viel Liebe ausgesucht sind. Die Adele-CD gesellt sich zu meiner kleinen musikalischen Sammlung von James Blunt, Razorlight, Robbie Williams und Amy Whinehouse. Die "SHERLOCK"-DVDs gesellen sich zu den anderen Filmen, auch wenn Emmanuel bisher nicht wirklich davon begeistert zu sein scheint. Schade! Die T-shirts finden ihren rechten Platz in meinem Schrank und an meiner Brust, die Armbaender an meinem Handgelenk.

Es ist eine kleine Weile her, dass ich mich bei euch gemeldet habe. Ich habe relativ viel zu tun, weil Estelle bis Maerz beurlaubt ist. Widererwarten laeuft mein Animationsprogramm morgen gut, obwohl es manchmal schwer ist die Altenheimbewohner im Winter zu motivieren. Trotzdem freue ich mich, wenn ich einem sonst eher negativ eingestellten Bewohner ein Laecheln abringen kann. Dann habe ich gewonnen. Mittlerweile wird der Winter schon wieder waermer, aber -20 Grad in der Nacht kommen schon vor und der Boden bleibt tiefgefroren. Diese Woche soll es wieder schneien. Fatia und ich sind voll in den Karnevals- und Valentinstagsvorbereitungen. Gesundheitlich geht es ihr relativ gut, besser und trotz vieler Arztbesuche versucht sie sich noch fortzubilden, damit sie "Directrice d'animation" werden und damit mehr Geld verdienen kann.

Ein "Jahrhundert von Mensch" kam mir fuer meinen DJiA-Erfahrungsbericht in den Sinn. Symbolisch fuer die drei centenaires (100-jaehrige) im "Maison Belot". Seit letzter Woche ist eines davon nicht mehr. Geboren 1909 ist Madame M. im Alter von 102 Jahren von uns gegangen. Meiner Meinung nach war sie eine starke Frau, die ihren Willen oft durchsetzte und nur aufgrund ihres Alters im Rollstuhl war. Letztes Wochenende ist zudem Madame V. von uns gegangen, die erst wenige Monate bei uns war. Das Leben geht weiter, so hart es klingen mag. Seit heute lebt ein neuer Altenheimbewohner bei uns.

Fuer mich geht es am Freitag  nach Belfort zu einem franz. Erste-Hilfe-Kurs fuer Service Civique Freiwillige meiner Region. Nebenbei nehme ich noch an der franz. Volkszaehlung teil und erwarte am Wochenende Emmanuels 4-koepfige Familie inklusive Freund in Beaucourt. Wir wollen Skifahren, Wii  (Wii Party* baut super Stress ab!) und Tennis spielen. Nur so viel: Ich kann nicht Skifahren.

In den spontanen Genuss von Grell, Bach, Haendel, Mozart und Schubert kam ich letztes Wochenende. Jean-François klingelte bei uns und nahm mich zu einem Konzert des Chors aus Montbéliard mit. Wenn ich mich darauf einlasse, finde ich klassische Musik durchaus gut und irgendwie beruhigend. Einige Liedtexte waren auf Deutsch und das hat mich gefreut. Den Aben davor sind Emmanuel, Jean-François, Jean Philippe, dessen Mutter und ich ins Foyer Brassens im centre ville Beaucourts gegangen, um uns "Duos sur canapé" (Paare auf dem Sofa) von der Amateurgruppe "Oiwah" anzusehen. HIER gibt es ein Videomitschnitt [ab 1:26min]. Wir haben viel gelacht und wenn man genau hinguckt, sieht man uns und mich in einem roten Oberteil ;-)

*keine Schleichwerbung beabsichtigt

Quelle: youtube.com

Jetzt seit ihr auf dem neuesten Stand,
eure Lucie ♥

Sonntag, 5. Februar 2012

Bergfest im Winterwonderland

Januar 2012; Foto (c) privat
Vor 5 Monaten stand ich mit meinen Eltern und meinem Bruder im morgendlichen Stau Hamburgs.

Heute stehe ich mit einem Franzosen und einer Katze bei Schnee und -16 Grad in Frankreich.

Vieles ist passiert. Vieles hat sich geändert. Vieles wird sich noch verändern.

Fünf Monate liegen hinter und vor mir.
Freunde und eine starke Familie st
ärken mir den Rücken.

Danke, Ich liebe euch
Ich kann den Tag im Juli nicht erwarten, wenn ich wieder in Deutschland Fu
ß fasse.



Video:
"No light, no light" von Florence + the machine



Mum, only one more month and then you can say
"Jetzt kann sie aber langsam auch mal wiederkommen."

DJiA-Zwischenbericht

Meine deutsche Entsendeorganisation, die Evangelischen Freiwilligendienste für junge Menschen FSJ und DJiA gGmbH, will wissen, wie es mir hier in Frankreich und in meinem Dienst ergeht. Welche Probleme es gibt, was positiv ist und welche Erfahrungen ich während der letzten Monate gemacht habe. Ich muss sagen, dass das Zusammenfassen auf nur zwei klitzekleine Seiten recht "chaud" (schwer) war. Letztlich habe ich vieles nicht einbringen können und mich hauptsächlich auf meine Arbeit bezogen. Ich denke, so schlimm ist das nicht, weil mein Bericht eventuell zur Öffentlichkeitsarbeit etc. der Organisation genutzt wird.

Hier also ein paar Auszüge meiner eigenen Lieblingsaussagen:

"In Frankreich informiere ich mich ausschließlich online, weil in den Lokalzeitungen Wirtschaft, Finanzkrise und Co. nur klein gedruckt auf der letzten Seite zu finden sind."

"Jeden Tag beginne ich mit einem Lächeln auf dem Gesicht, weil mir die Arbeit Spaß macht und weil ich weiß, dass allein Freundlichkeit viel bewirken kann."

"Ich habe ein offenes Ohr für meine Schützlinge und kalte Hände. Aber kalte Hände deuten auf ein warmes Herz, sagen einige Altenheimbewohner."

"Ich habe Respekt vor diesen Menschen, weil sie an der „Endstation des Lebens“ angekommen sind – gezeichnet von leichter oder schwerer Krankheit, vom Verlust eines oder mehrerer geliebter Menschen."

"Allgemein gehe ich nun anders mit Schwierigkeiten um als früher. Das, was ich in Frankreich schaffe, könnte mir dann in Deutschland leichter von der Hand gehen."

"Nach Weihnachten in Deutschland merkte ich in Frankreich, dass man selbst in Gesellschaft ziemlich einsam sein kann."

"Krankheit kommt nicht erst im Alter...[..].."

"Das Gefühl dringend gebraucht zu werden hat nicht jeder meiner Mitfreiwilligen in Frankreich."

Gruesse, eure Lucie