Freitag, 30. September 2011

Elle me dit

„Elle me dit“ (deut.: Sie sagt mir) heißt dieser Beitrag nur aus einem Grund. Es ist der Titel eines Liedes, das ich hier jeden Tag höre. Es läuft einfach überall. Im Autoradio, im Fernsehen und im Altenheim.

Ich war gerade im Begriff, etwas Zweideutiges zu schreiben, besinne mich aber meiner schwindenden deutschen Grammatik – Ich habe jetzt einen Franzosen der neben mir und einen neuen, der unter mir wohnt. Letzterer erinnert mich etwas an Timm Otto…

Diese Woche war mehr oder weniger anstrengend. Anstrengend, weil ich Anfang der Woche ein bisschen durchhing und weil ich seit Mittwoch fast ausschließlich allein gearbeitet habe. Ihre Erkältung hat die liebe Fatia jetzt ganz umgehauen. Sie wird voraussichtlich am Montag wieder arbeiten. Zum Glück konnte ich meine die Altenheim-Residenten überzeugen, sich nicht nur mit mir zu unterhalten, sondern auch mit mir „Galgenraten“ zu spielen. Das war gar nicht so leicht, das Spiel nicht zu einfach für sie und für mich selbst zu schwer zu machen. Mein Wortschatz über französische Berufe, Vornamen, Städte und Tieren ist (noch) etwas limitiert.
Ansonsten gabs diese Woche noch die Maniküre, die Jeux sportifs, die Gymnastik, das Loto-Spiel und ein Ausflug ins Kino in Audicourt. Wir haben uns die Neuverfilmung von „La guerre des boutons“ (deut.: Der Krieg der Knöpfe) angesehen. Der Film war ganz süß, obwohl ich nicht alles von den Dialogen verstanden habe.
Fatia und ich haben im Akkord die Kleidungsstücke von Herrn B., einem neuen Residenten, mit Marken versehen. Zwei Koffer und zwei Kartons haben uns nicht möglich gemacht, pünktlich Mittagspause zu machen. Delphine hat mir Madame R. anvertraut, um mit ihr spazieren zu gehen. Danach ist sie mir nicht mehr von der Seite gewichen – macht die Arbeit auch nicht einfacher, wenn von überall jemand nach dir ruft und ich am besten noch nebenbei die Animationsplanung für den nächsten Monat am PC machen soll. Manchmal kommt es mir so vor als ob donnerstags ab 17 Uhr niemand mehr da ist, ich aber noch eine halbe Stunde vor mir habe.

Zum Ausgleich spiele ich mit Emmanuel regelmäßig Fußball und gehe laufen. Mein Mädchenfußball aus der Schulzeit zeigen in Frankreich ihre Früchte! Das Wetter eignet sich wunderbar für Sport. Ende September/Anfang Oktober sind es hier sommerliche 27 Grad Celsius.

Dieses Wochenende geht es nach Delle, 8 Kilometer von Beaucourt entfernt und der Schweizer Grenze ganz nah.

Video: Mika - "Elle me dit"

Liebe Grüße von hier,
eure Lucie

Sonntag, 25. September 2011

30 Jahre, 3 Tage

photo (c) Arc en ciel
Der 24. September war der erste Samstag, den Emmanuel und ich gemeinsam verbracht haben. Der Tag ist aber auch der Gründungstag der Stiftung „Arc en ciel“ (http://www.fondation-arcenciel.fr/), die dieses Jahr ihr 30. Jubiläum feiert. Wir, die neuen Volontäre, die erst seit zwei Wochen dabei sind, waren eingeladen worden. Gegen Mittag haben wir Beaucourt verlassen und sind nach Montbéliard gefahren. Die Franzosen lieben Kreisverkehre, damit sie die wundervoll bepflanzen oder mit Figuren gestalten können. Allgemein erinnern mich die blumigen Straßenränder mit ihren Palmen an meine Karibik-Urlaube. Da Emmanuel nicht ortskundig und relativ zackig um die Kurven fuhr, war die Fahrt lustig. Um eine Abfahrt haben wir den Veranstaltungsort, La Roselière, verpasst. Als wir schließlich auf den grand Parkplatz fuhren, staunten wir beide nicht schlecht. So groß hatten wir uns das Ganze nicht vorgestellt, aber die leuchtende Event-Anzeige verriet, dass wir hier richtig waren. Nun, Franzosen wissen eben, wie man feiert. Nach dem Abitur gibt es keine Abibälle, aber solche Anlässe werden in einer solchen Abiball-ähnlichen Größenordnung gefeiert. Ohne Festgaderobe und Tanzfläche. Ein paar Hundert Leute tummelten sich in dem großen Saal und wir hatten Mühe, uns zu orientieren. Mitten im Saal, direkt vor der Bühne, saßen unsere Animateurinnen Fatia und Christine. Die beiden wiesen uns zwei freie Plätze zu. Die Altenheime „Maison Blanche“ und „Maison Belot“ beanspruchten mindestens vier Tische a acht Personen. Bevor das Buffet um 12:30 Uhr von zwei Moderatoren eröffnet wurde, begrüßten wir uns bekannte Gesichter – Madame Wallet, Phillip, einige vom Personal, die Sekretärin des Maison Blanche, der Koch des Maison Belot oder der nette Herr, mit dem ich dienstags die „Jeux sportifs“ mache zum Beispiel. Aber auch ein paar neue Gesichter haben Emmanuel und ich kennengelernt, genügend Leute waren jedenfalls da! Da galt es dann sich als deutsche Freiwillige aus Hamburg vorzustellten. Nein, nur weil wir zusammen in einem Haus wohnen, bin ich nicht Emmanuels „Freundin“. Zu Essen gab wie üblich reichlich mit vier Gängen und Wein, dem obligatorischen Kaffee und Brot, das mehr dunkler als weiß war! Um 14:30 Uhr gab es vor dem eigentlichen Programm die Ehrung derjenigen, die seit 30 Jahren dabei sind, und natürlich eine große Geburtstagstorte. Das Programm des Nachmittags war sehr lebhaft, unterhaltsam und von Animateuren verschiedener Einrichtungen aus der Region organisiert. Es gab mehrere Tänze und Gesangseinlagen, Filme und ein Gemälde, das innerhalb weniger Minuten vor Ort entstand. Fatia, Christine und Madame Wallet tanzten beispielsweise zusammen in einer Gruppe, die mit einer Skiausrüstung verkleidet war. Herrlich, wie Franzosen sich selbst und andere an diesem Nachmittag auf die Schippe genommen haben! Das Programm endete mit Danksagungen an die Event-Organisatoren und den Chef der Stiftung. Der Flashmob zu „I got a feeling“ von den Black Eyed Peas war ein toller Abschluss. Man feiert 30 Jahre einer Stiftung, die sich dem Menschen verschrieben hat, vom 23. bis 25. September. Ein paar Fotos von der Feier wird es bald auf Tumblr (klick!) geben. Zurzeit koennt ihr euch einige allgemeine Fotos ansehen.
An dieser Stelle moechte ich mich fuer meine Tippfehler in den letzten Beitraegen entschuldigen. Das koennte mir momentan wirklich leicht passieren. Manchmal gibt es so Tage, da denke ich viel auf Franzoesisch und an anderen Tagen fast nur auf Deutsch... Bon dimanche, Lucie

Wohin mich meine Füße tragen

Sport ist Urlaub. Joggen ist für mich wie Urlaub. Mein IPod ist ausgeschaltet, die Batterie hat den Geist aufgegeben und das ist auch gut so. Denn ich weiß noch nicht, wohin ich laufe. Meine Füße tragen mich. Sie tragen mich bergauf, den brüchigen Asphalt entlang. Schnell habe ich Beaucourt verlassen, laufe an zwei grünen Wiesen vorbei. Die Pferde lassen sich durch mich nicht stören.
Ich bin in einem Waldstück, der Boden ist feucht, obwohl es seit Tagen nicht geregnet hat. Ich bin allein im Wald. Ich muss nur auf meine Füße aufpassen, jeden Schritt, den ich gehe. Das symbolisiert meine momentane Lage, irgendwie. Soll ich nach links oder rechts laufen? Hier ist niemand, der mir sagt, was ich tun oder lassen soll. Ich kann und muss nichts. Ich bin allein im Wald. Die  warmen Sonnenstrahlen fallen durch die Baumkronen und ich kann die Insekten summen hören. Ich laufe einen steinigen Pfad entlang, immer weiter bergauf. Die Luft ist gut und ich bleibe einen Moment stehen. Dann laufe ich weiter und kehre irgendwann wieder um.
Aus der Ferne kann ich die nicht befahrene Straße sehen und als ich dort ankomme, entschließe ich mich, den Schotterweg neben der Wiese zu nehmen. Der web vor mir endet in einem Maisfeld. Der Mais steht gut, aber ist fast vertrocknet. Ich bleibe stehen. Vor mir erstrecken braune und gelbe Baumkronen am Horizont. Kein Meerrauschen,  aber das Rascheln des Mais im leichten Wind. Ich atme ruhig, es ist schön hier. Es fasziniert mich. Einfach so. Nach ein paar Minuten drehe ich der Landschaft meinen Rücken zu, laufe zurück, der Sonne entgegen. Es ist Freitagnachmittag.

Vor Einbruch der Dunkelheit und nach dem Abendessen spiele ich mit Emmanuel Fußball. Zu zweit. Ich erlaube mir zu behaupten, dass ich besser gespielt und mehr Tore geschossen habe ;-)

Schoenes week end à tous!

Lucie

Donnerstag, 22. September 2011

L'Alsace, c'est nous

Über Beaucourt bricht langsam die Nacht herein. Vers eine Stunde nach dem Abendessen wird es hier dunkel sein, das heißt um 20 Uhr. Es ist Ende September. Der Himmel ist fast wolkenlos nur einige dunkelblaue, schlierenhafte Wolken kreieren ein bizarres Bild am Horizont.

Sobald ich einen Schritt auf die Terrasse mache, verschwinden ein paar scheue Katzen in alle Richtungen. Nur Pippa würde am liebsten mit ins Haus kommen. Das Verteidigen seines Reviers muss er noch üben. Seine Milch, die ich auf das Geländer gestellt hatte, ist leer. Der Napf ist achtlos auf den Boden gefallen. Hungrige Katzen finden immer ihren Weg, zum Glück hatte Pippa schon gefressen.

Ich horche den Klängen von Placebo, Emmanuel ist gerade am Computer im Maison Blanche. Ob er wohl dieses Mal die Terrassenlampe aus macht? Die Zeit rennt, morgen ist schon wieder Donnerstag. Mein längster Arbeitstag steht mir bevor, doch danach ist das Wochenende ganz nah.

Am Samstag fahren Emmanuel und ich vers midi nach Montbéliard. Wir sind eingeladen. Die französische Stiftung „Arc en ciel“ unserer Altenheime "Maison Blanche" und "Maison Belot" feiert ihr 30. Jubiläum. Emmanuels Tutorin wird auch dort sein sowie ein paar andere VISA-Freiwillige. Das wird bestimmt toll und wir gucken uns bestimmt noch ein bisschen von der Stadt an.

Das erste Oktober-Wochenende wird eine Art Markt im Maison Blanche stattfinden, für den eine mir bekannte Dame bereits fleißig Schals haecklt. Einer nach dem anderen, jeden Tag.
Am 25. November wird es ein gemeinsames Mitarbeiter-Essen des Maison Blanche, Belot und der Arc en ciel Services in Beaucourt geben, um einen Moment des Beisammenseins zu zelebrieren. Irgend sowas war zumindest in meinem Postfach….

Nach eineinhalb Wochen Arbeit fühle ich mich ganz wohl in meiner Haut, im Altenheim und „zuhause“. Die Dankbar- und Freundlichkeit gegenüber einander gibt einem  schnell das Gefühl von Geborgenheit. Sei es der Bisou am Morgen oder Nachmittag, das Halten einer Hand, der Standard-Tanz oder ein einfaches Lächeln. Sei es die zaghafte Reaktion auf Musik eines dementen Altenheimbewohners, die die Angehörigen zu Tränen rührt.

Das Leben im Alter wird vielleicht langsamer werden, aber dafür immer intensiver..

"L'Alsace, c'est nous." - Fatia

Lucie <3   

Lu et approuvé

Mittlerweile weiß ich, dass die die französische Bürokratie der unseren in Nichts nachsteht. Hier wird alles für jeden separat unterschrieben, damit der Drucker bloß nicht zu Rosten anfängt. Dem Scanner geht es da bestimmt ähnlich. Innerhalb von nur wenigen Stunden habe ich so manche Papiere und Verträge unterzeichnet und natürlich auch immer ein Exemplar für mich bekommen. Wem und was ich da zugestimmt habe, lese ich meist erst danach – am liebsten würde ich zuerst lesen und dann unterschreiben, aber dazu fehlt einfach die Zeit. Nachdem ich die Eröffnung meines Bankkontos unterschrieben hatte, folgten am nächsten Tag weitere Verträge über die Pflichten/Rechte beider Parteien und den Service Civique. Einen Tag später bat mich Madame Wallet zu sich mit den Worten „Ich habe noch einen Vertrag zum Unterschreiben vergessen.“ – den für meine Krankenversicherung.
Den darf ich mehrmals kopieren, für mich und doppelt für VISA. Den Scanner wird es freuen!
Gut, welche Pflichten/Rechte beispielsweise mein Arbeitsgeber, meine Organisation und ich selbst haben (auf 7 Seiten dargelegt), wusste ich schon vom DJiA. Mir fällt dieser notwendige, „normale“ Papierkram nur auf, weil es mich ein bisschen anstrengt, alles auf Französisch nachzuvollziehen.

Lu et approuvé (deut.: gelesen und bestätigt)

Ecrit, Lucie

Dienstag, 20. September 2011

Merci, Mami

Die erste Arbeitswoche liegt bereits hinter mir, das erste Wochenende in Beaucourt und die neue Woche ist angebrochen. Momentan ist das Wetter hier tagsüber sehr wechselhaft. Mal Regen, mal Sonnenschein. Bei Maximum 20 und Minimum 6 Grad Celsius. Das regnerische Wochenende habe ich allein in meinem neuen Zuhause verbracht, Fenster und Küche sauber gemacht. So ist es gleich viel wohnlicher.

Natürlich habe ich auch via Internet und Telefon mit Freunden und Familie kommuniziert. Skypen funktioniert übrigens auch problemlos. Ich brauche diesen Kontakt momentan einfach. Heimweh ist das nicht, aber wenn mir eine Träne entweicht, dann nur aus einem Grund: Mir wird klarer denn je, wie wichtig mir jeder von euch ist…..

Oh man, ich komme mit der Tastertur nicht klar. Ich muss immer zwischen franz. und deutscher Tastenkombination wechseln. Das „A“ und das „Q“ ist zum Beispiel umgekehrt bei der franz. Tastatur.

Wie auch immer, jetzt zum eigentlichen Thema des Beitrags. Was habe ich die letzte Woche getrieben. Nun, morgens bereite ich zusammen mit Filo das Frühstück im Altenheim zu bevor ich es in den Einzel bzw. Doppelzimmern serviere und ein bisschen Smalltalk halte. Mittlerweile habe ich schon einige Namen der Bewohner drauf und weiß, wo sie wohnen. Filo kennt folgende Deutschkentnisse: „Danke“ und „Isch liebe disch“. Bien!

Bis zum Mittag bin ich mit der Animation einiger Altenheim-Bewohner beschäftigt. Hauptsächlich heißt das sich mit ihnen zu unterhalten. Ich bin das offene Ohr für das Fatia oder Estelle oft keine Zeit haben. Aber ich mache auch Gymnastik-Übungen mit, höre zu, wenn das tägliche Journal vorgelesen wird, spiele Karten (ohne die Regeln richtig zu verstehen), markiere Kleidung oder bereite eine Art Trauerfeier vor. Zumindest habe ich das letzte Woche gemacht. Außerdem war ich mit Fatia bei der Bank, um ein Konto zu eröffnen. Unser Ansprechpartner hatte folgende Deutschkenntnisse: „Bezahlen“ und „Auf Widersehen“. Nachmittags geht die Animation ähnlich weiter, manchmal gibt es Ausflüge, bis ich nach dem Kaffee und Kuchen Feierabend habe.

An den Deutschkenntnissen werde ich wohl noch ein bisschen arbeiten müssen in den nächsten Monaten. Seit heute lerne ich übrigens nicht nur Französisch, sondern auch Spanisch und Italienisch. Ich muss nur alles nachplappern, hat die nette Dame zu mir gesagt. Dann werde ich schon alles lernen. Sie ist es auch, die mich morgens mit „Mami“ begrüßt, und die  mir mehrmals täglich sagt, sie würde mich lieben.

Heute hatte ich auch noch ein Gespräch mit Madame Wallet, im Beisein von Fatia. Nur mal so, um die allgemeine Gefühlslage zu checken und noch ein paar Verträge zu unterschreiben.

Das französische Fernsehen ist auch erwähnenswert, auch wenn ich nur ein paar Kanäle empfangen kann. Es wird gnadenlos alles untertitelt/übersetzt, was nicht annähernd perfekt Französisch klingt. Talkshow, Nachrichtensendung, Werbung oder Dokumentation. Die franz. Aussprache von „Allianz“, „DHL“ oder der „Carglass“-Werbung klingt echt lustig.


Emmanuel geht es auch ganz gut mit mir. Jedenfalls hat er das Fatia so gesagt! Beim Abendessen haben wir heute herzhaft über Pippa gelacht, der sich – wenn wir nicht aufpassen – ins Haus schleicht und einem dann in der Küche um die Beine geht. Miau!
Au revoir, Lucie

Freitag, 16. September 2011

Mein erster Arbeitstag

Es ist Wochenende.......und ich schreibe euch von meinem ersten Arbeitstag - ja, ich haenge etwas hinterher..

Montag, 12.09.2011, 9 Uhr: Ich betrete pünktlich, typisch deutsch, das „Maison Belot“. Die Nacht war gut, die Dusche auch und der Weg zur Arbeit dauert nicht einmal zehn Minuten (dank Abkürzung). Madame Wallet ist noch nicht zur Arbeit erschienen. Gut, denke ich mir, und warte im Sekretäriat. Die Sekretärin fühlt sich nicht wirklich verantwortlich und auch eine Dame vom Personal, rät mir zu warten bis Madame Wallet kommt. Eine geschlagene halbe Stunde später begrüßt sie mich, fragt wie das Wochenende war. Anschließend zeigt sie mir die erste Etage des Altenheims mit der Küche, den WCs, dem Animations-Raum, ein paar Zimmer und die Umkleide des weiblichen Personals. Wir kommen nur bis zur zweiten Etage mit dem Personalraum – denn Delphine findet endlich die Person, die sie zu suchen schien. Fatia (meine „Animateurin“), das Mädchen für alles, was mich und die Unterhaltung der Altenheim-Bewohner angeht.

Fatia hat Erfahrung mit Freiwilligen, sie hat mich auch gleich ein paar älteren Damen als Nachfolge von Annika vorgestellt. Am Vormittag wurde ich ebenfalls dem Küchenchef, dem Hausmeister und anderem Personal (ausschließlich weiblich) vorgestellt. Bis 12 Uhr, der Mittagspause, hat mir Fatia ganz viele Fotos aus dem Altenheim gezeigt. Von Feiertagen, Geburtstag und mein eigener diesjähriger Geburtstag (an einem Sonntag) wird natürlich nachgefeiert. Im „Maison Belot“ gibt es immer ein bestimmtes Monatsprogramm bestehend aus Ausflügen, Geburtstagsfeiern, Spielen und Sporteinheiten etc. Ich kann darauf auch Einfluss nehmen, wenn ich zum Beispiel mein Heimatland Deutschland vorstellen möchte.
Ich aß also auf der Arbeit zu Mittag und verbrachte meine Pause bis 13:30 Uhr in meinem neuen Zuhause. Das Essen in Frankreich nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, weil es mehrere Gänge und Pausen gibt, aber das muss man selbst erlebt haben. In Strasbourg war das für mich noch sehr ungewohnt.

Den Nachmittag verbrachte ich damit, mich mit einigen älteren Damen zu unterhalten, die mich sehr herzlich annahmen. Gemeinsam mit Fatia und der zweiten Animateurin Estelle malten und bastelten wir Dreiecke, Kreise und Rechtecke. Diese wurden später mit einem Faden verbunden und ergaben eine tolle Geburtstags-Dekoration für den nächsten Tag. Eine Geburtstagsfeier stand am nächsten Tag an! Ich denke, Fatia hat da ein Fable für, alles schön zu gestalten und perfekt zu organisieren. Ohne es zu wollen arbeitete ich eine halbe Stunde zu lang und Fatia hat mich gebeten, von nun an pünktlich Schluss zu machen.

Der erste Arbeitstag war zuende, bis zum Abendessen im „Maison Blanche“ blieb mir nicht viel Zeit und ich kümmerte mich noch schnell um das Katzenfutter für die vier mageren Katzen, die hier herrenlos leben. Ein verschmuster grau-getigerten Kater, auf den Namen Pippa getauft, nenne ich nun mein neues Haustier.
Emmanuel ist eher von der ruhigeren französischen Art und beim Essen bin ich es, der die Fragen stellt. Schon lustig wie er manchmal schaut und nicht weiß, ob ihm noch jemand etwas aus der Küche bringt. Nett ist er auf jeden Fall und ich glaube, manchmal wird es auch schön sein miteinander schweigen zu können. Den Abend verbrachte ich am Computer, um auf Facebook all meinen Freunden zu antworten, die natürlich wissen möchten, wie es mir geht.

Bon week end, Lucie

Donnerstag, 15. September 2011

Ein 102. Geburtstag

Foto (c) privat
Die letzte Nacht war gut, aber irgendwie kurz. Vor dem Einschlafen denke ich noch so viel über den Tag und den kommenden nach. An das frühe Aufstehen werde ich mich noch gewöhnen. Um 6:40 Uhr stand ich in der Küche und habe das Frühstück für uns vorbereitet. Emmanuel und ich sind schon jetzt ein eingespieltes Team am Morgen. Ich mache mich fertig, während er gemütlich seine Croissants mit Kakao frühstückt (die Küche richtig immer ein bisschen nach angebrannter Milch). Zack, zack, mein schnelles Frühstück und schon muss ich auch los, damit ich um 8 Uhr im Altenheim bin. Emmanuel hat da mehr Zeit, weil er nur kurz den Parkplatz bis zum „Maison Blanche“ überqueren muss.

Ich war pünktlich da – Fatia nicht. Stattdessen bin ich auf drei ältere Damen gestoßen, ein kurzer Smalltalk und schon bot sich mir die Möglichkeit, beim Frühstück-Servieren zu helfen. Dadurch habe ich fast alle der 58 Bewohner des Altenheims kennengelernt, immer brav „Bon appetit“ gesagt, hier und da ein Bisou und immer ein „Merci“ bekommen. Das „Maison Belot“ beherbergt viele Menschen mit Altersschwäche, aber auch jene, die an Behinderungen und Demenz leiden.
Mit einem agilen Herrn, der schon seit 10 Jahren im Altenheim wohnt, und anderen Bewohnern habe ich vormittags Kegeln und Kugelstoßen gespielt. Ich bin also nicht fuer die Pflege zustaendig. Leider darf ich aus Datenschutzgründen keine Namen nennen – selbst, wenn ich sie schon alle auswendig könnte. Nein, das kann ich nicht!

Nach der Mittagspause habe ich Fatia mit unserer Dekoration im Essenssaal geholfen. Alles sehr schön in lila und rosa. Der 102. Geburtstag von Madame M. stand an, alle Bewohner kamen zusammen und ein Animateur mit Karaoke-Anlage war bestellt worden. Auch ein großer Geburtstagskuchen durfte natürlich nicht fehlen. Die Feier begann um 14:30 Uhr und mir wurde nur gesagt, dass ich nun die französische Kultur kennenlernen würde. Ich versuchte zu Edith Piaf und Henry Salvadore mitzusingen (ohne Mikro), was mir nur teilweise gelang. Der Gesang war zu schnell für mich, aber wenigstens gefiel es dem Geburtstagskind, dessen Angehörigen und vielen Bewohner. Zwei ältere Damen wollten mit mir tanzen und ja, das ist auch mit der Fotokamera (nicht meiner eigenen) festgehalten. Am späten Nachmittag tanzte ich auch noch mit dem netten Herrn vom Vormittag.
Viele Bewohner haben mir gesagt, dass ich sehr nett sei und gut Französisch spreche. Der bestellte Animateur fragte mich, ob ich aus England stamme, weil ich anscheinend einen „englischen“ französischen Akzent habe. Ich weiß allerdings nicht, ob das überhaupt möglich ist! Mit ein paar Leuten vom Personal bin ich schon beim „Du“ und „Salut“ statt „Bonjour“ (den Unterschied muss man kennen).

Mal bin ich die „Mami“, mal „Ma petite“ oder auch nur „Ma fille“. Bis auf die Ungeduld wegen der Sprache und den Dingen, die ich noch zu regeln habe, geht es mir soweit gut.

A bientot, Lucie ;)

Bienvenue à Beaucourt

Foto (c) privat
Die kurze Fahrt nach Beaucourt war begleitet von kleineren Staus, einer wunderbaren Landschaftskulisse, Bergen und Hängen voller Wein. Landschaftlich hat das Alsace (Elsass) viel zu bieten. Ein kleines Nickerchen war auch drin, aber als wir kurz vor Beaucourt nochmal eine Pause einlegten, war die Aufregung da. Meine Tutorin, Madame Wallet, hatte mir per Mail Bescheid gegeben: Ich sollte bei meiner Ankunft ins Sekretäriat des „Maison Blanche“ gehen, mich vorstellen und dann würde mir jemand meine neue Bleibe zeigen und Wallet dazu stoßen. Nun Beaucourt ist eher ein Berg-Dorf als die Großstadt, die jeder kennt. Hier wird einem allein vom Druck auf den Ohren und den kurvigen Straßen schlecht.

Im Sekretäriat angekommen (zunächst war es geschlossen), wartete ich bis die Sekretärin ihr Telefonat beendet hatte. Dazu kam es leider nicht, weil der Franzose Emmanuel (VISA-Freiwilliger und mein Mitbewohner) und seine Tutorin Christine mich zu einem Rundgang mitnahmen. Madame Wallet war derzeit verhindert. Toll! Zuerst wurde Emmanuel und mir unser gemeinsames Haus gezeigt. Das war ein wenig „erschreckend“, weil es etwas heruntergekommen und dreckig war. Unsere Vorgänger Annika und Frederik waren vor zwei Monaten gegangen. Ich hatte dabei Glück und konnte mir das größere Zimmer aussuchen. Anschließend zeigte uns Christine das gesamte „Maison Blanche“ Altenheim (Emmanuels neuer Arbeitsplatz), jede Etage und Räumlichkeit. Dabei trafen wir mehrere Leute vom Personal und einige Bewohner.

Weit gefehlt, wer hier die englische Sprache zu sprechen sucht. Niemand spricht hier Englisch – nur im Radio läuft internationale Musik. Die kein Franzose versteht? …wie auch immer.

Der Rundgang dauerte den ganzen Nachmittag über und war sehr informativ. Da ich in meinem Haus keine eigene Internetverbindung habe, muss ich den Computer im „Maison Blanche“ benutzen, der aber jederzeit zugänglich ist. Madame Wallet habe ich auch noch kurz kennengelernt, die mir am Montag ab 9 Uhr meinen neuen Arbeitsplatz, das „Maison Belot“, zeigen wollte. Abends ging bei Emmanuel und mir kaum noch etwas. Wir richteten uns etwas ein und machten mithilfe meiner Eltern etwas sauber. Bis 22 Uhr habe ich noch mein Reisetagebuch beschrieben und einige VISA-Termine notiert – das allerdings auch nur noch im Halbschlaf. Ich war ganz schön „erschlagen“ von einer anstrengenden Seminar-Woche, vielen neuen Eindrücken und natürlich der Sprache, die ich besser verstehe als spreche.

Liebe Gruesse aus Frankreich, eure Lucie :)

Herbstliches Strasbourg

Foto (c) privat
Am Montagmorgen sollte es früh nach Strasbourg gehen. Um ein Haar wäre das schief gegangen, weil der durch den Berufsverkehr bedingte Stau in Hamburg unausweichlich war. Bis zum Hauptbahnhof bin ich nicht gekommen, also bin ich eine Station früher in den Zug eingestiegen. Die 6-stündige Fahrt brachte mich nach Hannover, Göttingen, Frankfurt, Mannheim und  zu meinem Umsteigeort Karlsruhe. Schon vor dem Aussteigen traf ich auf mehrere deutsche DJiA-Freiwillige mit ihrem schweren Gepäck. Gemeinsam schafften wir es auf den Bahnsteig, ehe der Zug weiterfuhr. Noch mehr Freiwillige stießen zu uns als wir das nächste Gleis suchten. Es war wirklich toll alle wiederzusehen! Das Vorbereitungsseminar in Eisennach fühlte sich an als wäre es erst gestern gewesen. Dann kam der französische TGV, eine Aufregung brach aus, die Koffer wurden in den Zug gehievt und meine erste Fahrt im lila-rot-farbenen TGV konnte losgehen. Nach 40 Minuten erreichten wir Strasbourg. Auf französischem Boden angekommen, wurden wir prompt von drei Militär-Polizisten mit Gewehren in Empfang genommen. Einladend war das nicht gerade.
Die drei Stunden Aufenthalt am Bahnhof von Strasbourg verbrachten wir natürlich gemeinsam, trafen einige Freiwillige aus Ungarn, aßen und saßen draußen im Sonnenschein. Strasbourg, dass ist mir gleich aufgefallen, ist sehr grün. Ein wenig wie Paris, wenn ich das behaupten darf. Kurz vor 17 Uhr sollten wir von Marguerite und einigen anderen VISA-Verantwortlichen mit einem Bus abgeholt werden. Das war auch gut so, weil das Warten zu diesem Zeitpunkt kaum noch erträglich war. Schließlich wussten wir nicht einmal, was für ein Seminar-Programm uns erwarten würde.

Ich weiß, dass dieser Blog-Eintrag für den ein oder anderen zu lang werden wird. Deshalb werde ich mich etwas kürzer fassen und die Fotos unter (http://www.luno-beaucourt.tumblr.com/) für sich sprechen lassen..

Das Seminar in Strasbourg selbst war super und am Ende waren Lilly, mit der ich ein Zimmer teilte, und ich ein bisschen traurig. Es gab einen Abend mit verschiedenen europäischen Speisen zum Probieren, eine Stadt-Rallye (die nicht wirklich eine war), mehrere Ateliers mit Spielen, Kreativität und Gedanken-Austausch, eine tolle Talentshow mit Gesängen und Tänzen und nicht zu vergessen der lang-atemige Vortrag von Monsieur Maurer über franz. Politik und Religion.

15 verschiedene Nationen mit unterschiedlichen Traditionen und drei Sprachen. Französisch war natürlich die „Seminar-Sprache“, aber beim Essen und während der Freizeit (es stimmt, dass die Franzosen SEHR VIEL und zweimal täglich warm essen!!) wurde entweder  auf Englisch oder Deutsch gesprochen. Ganz schön kompliziert immer zwischen den Sprachen zu wechseln. Die Mehrheiten bildeten Deutsche, Franzosen und Ungarn. Die Minderheiten waren Großbritannien, Dänemark, Spanien, die Türkei oder auch Brasilien. Insgesamt 84 Freiwillige, die mit VISA einen ausländischen bzw. inländischen Dienst absolvieren. Noch dazu bekam jeder Informationen zu seiner finanziellen Unterstützung und einen damit verbunden „Terminplan“ für die nächsten 10 Monate. Ich muss zum Beispiel an MINI-SESSIONS (regionale VISA-Seminare) teilnehmen, mehrere Briefe schreiben, meine Krankenversicherung und Bankkonto selbst einrichten. An dem Vormittag waren das wirklich zu viele Informationen, die einem auch ein wenig Angst gemacht haben. Die Krankenversicherung sollte, laut dem DJIA, nämlich schon in Strasbourg geregelt worden sein…

Das Seminar war wirklich toll und ich werde sicher nochmal in den nächsten Monaten nach Strasbourg fahren. Mit dem Auto sind das nur zwei Stunden Fahrt. Der Abreise-Freitag war übrigens brutal (obwohl der franz. Zeitplan lockerer ist als ein deutscher) mit dem Aufstehen, weil man nie vor 24 Uhr ins Bett kam - wenn man denn wollte. In meinem Reisetagebuch habe ich alles Mögliche notiert, ich freue mich darauf, das in ein paar Monaten zu lesen. Pünktlich um 7:30 Uhr hat mich mein Papa vom „Centre Culturel St. Thomas“ abgeholt und die Fahrt nach Beaucourt konnte am Mittag beginnen.

Bisou, Lucie ♥

Sonntag, 4. September 2011

Le dernier jour en Allemagne

Mes amis,

es sind die letzten Stunden in Deutschland. Morgen geht es endlich nach Strasbourg und in den letzten Tagen habe ich, ja man kann sagen, ein Wechselbad der Gefühle durchlebt. Auf der einen Seite freut man sich auf die kommenden Monate und auf der anderen Seite - naja, ihr könnt es euch denken. Aber morgen treffe ich auf dem Weg auch schon Jule und Lilly.

Ich wünsche euch allen nur das Beste, in eurer Ausbildung, im Studium, im Job oder wenn ihr selbst gerade nicht daheim in Deutschland seid. Bleibt gesund, wir hören und lesen von einander!

P.S.: Entschuldigt mich, wenn ich den ein oder anderen Geburtstag vergesse oder euch nicht rechtzeitig zum Studiumsbeginn o.Ä. gratuliere oder nachfrage, wie es euch ergeht. Nach meiner französischen Eingewöhnungsphase wird sich das sicher ändern. Gebt mir Zeit, wenn ich euch Zeit gebe.

À bientôt !

Donnerstag, 1. September 2011

Irgendwo hat unsere Zukunft angefang'n

Foto (c) privat
Andere fangen eine Ausbildung an und bleiben zuhause wohnen. Wieder andere beginnen ein Studium und ziehen von daheim aus. Und ich? Ich mache irgendwie alles auf einmal. Ich packe meine Koffer und ziehe aus, lebe erst einmal für mich allein, beginne eine neue Arbeit, treffe auf neue Arbeitskollegen und Freunde, und das alles auch noch in einem fremden Land! In den letzten Tagen habe ich mir so manche Gedanken gemacht. Mein Kopf war bestimmt zum bersten voll und ich war froh, Franziska zu haben, die meinem Kopf zuhört. Danke!

Inzwischen sind zwei Koffer fertig gepackt, das Chaos hat sich in geordnete Unordnung verwandelt und die Zeit, die mir bleibt, ist tatsächlich endlich. Das wird einem erst bewusst, wenn es soweit ist. Aber gleichzeitig freue ich mich riesig auf die nächste Woche in der "Hauptstadt Europas". Auf dem Willkommens-Seminar von VISA sind wir Franzosen (31 deutsche Freiwillige) endlich vollzählig, eine Gemeinschaftsgefühl kommt wieder auf, und das Wiedersehen wird sicher super. Natürlich sind wir nicht allein: Es kommen noch zwanzig Franzosen, sieben Ungaren, zwei Dänen, Spanier und Türken, ein Italiener, Armenier, Pole, Russe und ein Serbe. In welcher Sprache sich nun hauptsächlich unterhalten wird, da bin ich mir noch nicht so sicher ;-)

Am Montag hat mir meine französische Tutorin, aus dem Urlaub zurück gekehrt, geschrieben. Leider weiß sie noch nicht, ob und welche/r Freiwillige/r mit mir in Beaucourt sein wird. Sie hat mir aber versichert, dass es tagsüber, abends und am Wochenende einen Internetzugang gibt :D

Meinem "Maustiger" habe ich sogleich Skype beigebracht und mein Vater will das jetzt auch!
Die Einschulung meiner Cousine war übrigens auch schön und morgen fahre ich wohl das letzte Mal nach Hamburg :-(

Menü-Update: "Fotos" und "Videos" zusammen gefasst in "Fotos, Zitate und Videos"


Liebe Grüße, ich meld' mich sicher nochmal.

Lucie <3