Samstag, 29. Oktober 2011

Dem Balkan so nah

Fotos (c) Maison Belot; privat
La semaine après (die Woche danach) – Dienstag, 25. Oktober 2011: Der Alltag hat mich wieder und eigentlich hätte ich gern noch ein Wochenende, um mich von allem zu erholen. Doch eine anstrengende Woche liegt vor mir. Madame K. ist am Samstag von uns gegangen. Fatia ist mit sich und ihrem Diplom beschäftigt, Estelle arbeitet nur selten. Das bedeutet, dass ich mir was Neues einfallen lassen muss, um die tägliche Animation aufrecht zu erhalten.

Abends geht es nach Audincourt zum „Okidok“, einer Art Freizeitparadies für Kinder. Emmanuel und ich dachten, wir sind im falschen Film, aber mit zwanzig geht das auch noch. Die Hamburger mit Pommes, Saundrine und Fabrice – mit denen ich mich nett unterhalten habe – haben die Müdigkeit wett gemacht.
So auch die wöchentlichen „jeux sportifs“, das einmal im Monat stattfindende Lotto und der bunte Nachmittag für unsere vier Oktober-Geburtstagskinder im „Maison Belot“. Der franz. Sänger, der an diesem Nachmittag auftrat, hat mich zum Schmunzeln gebracht. Klein, runde Brille, Stupsnase, violettes Hemd und Schuhe mit Absätzen. Jedenfalls war er total nett und irgendwie auch unterhaltsam. Zumindest hat er mir am Ende seinen größten Respekt zugesagt. Mit welcher Geduld und Ruhe die anderen und ich beispielsweise mit Madame B., einer sehr dementen, oft schreienden Frau, umgehen und das minutenlang. Es war toll, solches Lob von einem Außenstehenden zu bekommen.

Nun komme ich zum eigentlichen Thema des Beitrags – dem Balkan! Genau genommen den „danses des balkans“ (Tänzen des Balkans) im „Maison du peuble“. Den Samstag nach meinem Geburtstag habe bei diesem Ausflug nach Belfort gearbeitet. Eigentlich war es mehr Vergnügen als richtige Arbeit, da ich in der ersten Reihe saß und der Eintritt für mich frei war. Gut, das Programm wurde speziell für die reiferen Leute aus der Region organisiert. Meine Arbeit bestand eher darin die Altenheimbewohner in den Reisebus zu kriegen und wieder hinaus. Natürlich darf man auch nicht vergessen, dass die Damen und Herren nur noch selten Auto oder Bus fahren. Dementsprechend wurde manchem übel.
Die Tanzaufführung an sich war super. Das war mal etwas komplett anderes. Nicht französisch, nicht deutsch. Deswegen habe ich zwar kein Wort verstanden, aber die Melodien, Video-Beiträge und Kostüme waren toll.

Bisou, Lucie

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Journée Allemagne

Fotos (c) Maison Belot; privat
Meine Animation, die sich „Journée Allemagne avec Lucie“ nannte, war eine Mischung aus deutscher Unterhaltung meinerseits und Geburtstagsfeier seitens des Altenheims. Vormittags habe ich den Animationsraum in deutschen Farben dekoriert und normal gearbeitet, hier und da bekam ich Geburtstagsglückwünsche. Auf dem deutsch-französischen Speiseplan mit Grammatikfehlern standen Kartoffel, Sauerkraut&Co. Dieses Gericht hatte ich mir nicht gewünscht, aber wenigstens erfüllte es den Küchenchef mit Stolz.  Es lag trotzdem etwas in der Luft.

In meiner Mittagspause habe ich mich nochmal mit meinen Eltern, vor deren Abreise, getroffen. Als wir um 13:40 Uhr wieder beim „Maison Belot“ ankamen, zeigte ich meiner Mutter einige Räumlichkeiten und mein Vater war auch sehr geduldig mit uns, weil das eigentlich nur ein kurzer Abstecher werden sollte – daraus wurde natürlich nichts!
Kaum hatte ich meiner Mutter Fatia vorgestellt, plapperte die munter drauf los und ließ mich den einen oder anderen Altenheimbewohner suchen. Neben meiner Animation fand ein evangelischer Gottesdienst statt. Ob ich gewollt hätte oder nicht musste ich meine Mutter mit ihrem Schulfranzösisch sich selbst überlassen. Pardon!

Meine Animation bestand aus deutscher Schokolade und Marzipan, vielen alten und neuen Familienfotos, Musik von Udo Jürgens und Mariane Rosenberg, einer Deutschlandkarte, einem Wackelbild unserer Kanzlerin und ein paar Unterlagen der heimatlichen Kirche.
Hamburg
à Beaucourt ist schon ganz schön weit entfernt voneinander, da waren sich alle einig. Ein paar Bewohner erzählten mir, dass sie schon in Dortmund oder Freiburg waren. Ich tanzte zu „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ von Udo Jürgens und reichte die Fotos herum. Natürlich waren alle beeindruckt von den Drillingen.
Franzosen lieben Marzipankartoffeln und…..
die Animation, zu der immer mehr Leute im Laufe des Nachmittags kamen, fand ein relativ frühes Ende. Denn Thierry, der Küchenchef, kam mit einer riesigen wunderschönen und leckeren Geburtstagstorte herein. Ich stand strahlend im Raum und als aus allen Kehlen „Joyeux anniversaire“ erklang, wusste ich nicht bei wem ich mich bedanken sollte! Fatia reichte mir auch noch zwei Geschenke, eine Schokoladen-Box und eine Silberkette, während sie Fotos machte. Alle waren gekommen – meine Eltern, die Bewohner, das Personal, die Sekretärin und Madame Wallet. Aber in dem Moment machten meine Eltern endgültig die Biege und das war gut so. Kaffee und Torte wurden serviert, ich bot noch einmal Süßigkeiten an oder erklärte Fotos bis ich um 17:40 Uhr nach Hause gegangen bin.


Lieben Gruss, eure Lucie

Mittwoch, 26. Oktober 2011

20 Jahr', blondes Haar..

Geburtstagstisch; Foto (c) privat
Dieses Wochenende stand ganz im Zeichen unseres Drillingsgeburtstags und deshalb hatte ich das Glück Besuch aus Deutschland empfangen zu dürfen - meine Eltern. Nichtsahnend erledigte ich am Freitagvormittag meine Arbeit bis Joelle, die Sekretärin, gegen Mittag Alarm schlug. Ich war gerade nicht im "Maison Belot" und sollte mich so schnell wie möglich auf den Rückweg machen. Gut, was der Grund für meinen abrupten Wochenendbeginn war, wusste ich. Meine Eltern saßen verloren im Sekretäriat in Frankreich. Die Situation war eigentlich ganz lustig. Meine Freude, die Freude meiner Arbeitskollegen und natürlich von Mama und Papa. So schnell wie ich mit meiner Arbeit aufhören sollte, so schnell war meine Muttersprache wieder da. Das hätte ich nicht gedacht.
Anschließend wurde das deutsche Auto entladen, eine kleine Sight-Seeing-Tour durch das "Maison Blanche" und Fotos gemacht - als Erinnerung für den wartenden Rest in Deutschland.  Das Wetter war kalt, aber super und hätte nicht schöner sein können.
Franzosen können so verpeilt sein! Zumindest einige, die ich bisher kennenlernen durfte. Freitagnachmittag im Handy-Laden. Ein franz. Vertrag bitte, fürs Handy, nicht fürs Festnetz. Auf die Kommunikationsproblematik mit dem Herren, der sich eigentlich mit seinem Geschäft auskennen sollte, haben wir drei einen Kaffee und heiße Chocolat getrunken. Das war wirklich gemütlich in Montbéliard.
Abends hatten wir in einer Pizzeria Zeit um uns ausgiebig zu unterhalten, face-to-face. Emmanuel und ich haben noch unseren deutschen DVD-Player zum laufen gebracht.

Samstag ging es in die franz. Berge. Die Landschaft im Osten Frankreichs ist wirklich schön, wenn auch etwas kurvig. Wir sind am Doubs, dem Fluss der dem Departement den Namen gibt, an Kühen mit Glocken und zahlreichen Kreuzen am Straßenrand vorbeigefahren. Berge und Wälder haben mich sehr beeindruckt. Sowas gibts in Deutschland nicht. Am späten Nachmittag sind wir in Pontarlier, der zweithöchsten Stadt Frankreichs, angekommen. Ein bisschen Geburtstagsshopping und etwas Essen - zack standen wir auf dem Rückweg nahe Besancon im Stau.

Am Morgen des 23. Oktobers hätten Emmanuel und seine Eltern beinahe meinen Geburtstag vergessen. Beim Frühstück gabs dann doch noch ein franz. Ständchen und nicht zu vergessen, ein kleines Geschenk von seiner Mutter. Merci beaucoup!
Ich habe ganz viel Geburtstagspost bekommen, alle haben mich angerufen oder mir per Facebook, Handy&Co. geschrieben. Vielen Dank dafür!!
Mit meinen Eltern ging es mittags erst nach Delle zum Bahnhof und danach von Frankreich in die Schweiz und wieder zurück. Aber, aber meinen 20. Geburtstag habe ich in Deutschland verbracht! Das war ganz komisch als wir im Restaurant in Lörrach waren. Da Emmanuel und ich montags wieder arbeiten mussten, sind wir relativ früh wieder in Beaucourt gewesen und haben "Kniffel" gespielt.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Herzlichen Glückwunsch

Kindheits-Urlaube in Schweden: Lucie, Robert & Lukas
Heute ist ein sehr schöner, aber gleichzeitig auch ein trauriger Tag - jahrelang waren wir zusammen und haben alles gemeinsam durchlebt. Diese Jahre haben ihr jähes Ende gefunden und irgendwie wurden wir doch unsanft auseinander gerissen. Es gibt viele Wege im Leben und jeder einzelne von uns hat einen ganz anderen für sich ausgewählt.

ZUM 20. DRILLINGSGEBURTSTAG
WÜNSCHE
ICH UNS
alles Gute, Liebe, Glück, Erfolg, Gesundheit und bla..
alles Selbstverständlichkeiten.

ICH WÜNSCHE UNS, DASS WIR IMMER WIEDER ZU UNS FINDEN KÖNNEN,
egal wo wir gerade sind oder was wir tun.

Eure Lucie

Donnerstag, 20. Oktober 2011

We found love in a hopeless place

"We found love" ist ein Lied von Rihanna, das ich momentan auf der Arbeit rauf und runter höre. Je öfter man ein Lied hört, desto lieber mag man es. Gab es da nicht so ein ähnliches Sprichwort?


18.10.2011; Foto (c) privat
Eigentlich kann man die Überschrift auch im übertragenden Sinne verstehen. Diese Woche hatte ihre Höhen und Tiefen. Die Elektrizität fällt in der Wohnung fast regelmäßig aus. Sobald das Licht ausgeht kann man die Uhr stellen. Nach ein, zwei Minuten Dunkelheit funktionierts wieder. Fast regelmäßig habe ich diese Woche auch Post von meiner Lieblingsoma bekommen, das war ganz toll. Am Montag und Dienstag gab es jeweils einen Geburtstag zu feiern. Madame B. wurde 81 und Emmanuel junge 20 Jahre alt. Für ihn habe ich auch einen Kuchen gebacken, der ratz fatz aufgegessen war. Am Mittwoch haben wir im Altenheim Besuch von einer Gruppe Studenten bekommen. Sie haben nicht nur nachmittags die Animation übernommen und die Lokalpresse angelockt, sondern auch fleißig beim Kaffee und Kuchen geholfen. Ich bekam Lob und Marguerite von VISA hat mir ganz lieb auf meine E-Mail geantwortet:

"Coucou Lucie,
Merci pour ton compte-rendu et ta lettre personnelle que j'ai lu avec beaucoup d'attention.
Je suis contente de lire que tout se passe bien pour toi tant au niveau de ton service qu'au niveau de ta colocation avec Emmanuel.
La prochaine fois tu peux écrire sur ma boîte mail, au lieu de la boîte "info", comme cela j'aurai ton courrier directement.
Très bonne continuation à toi et à Emmanuel et j'espère que vous aurez bientôt une poubelle :-) Amicalement."

(Coucou Lucie, danke für deinen Protokoll und deinen Brief, die ich sehr aufmerksam gelesen habe. Ich bin froh zu lesen, dass alles gut läuft mit deinem Freiwilligendienst und Emmanuel. das nächste Mal kannst du mir...[...]...Weiterhin viel Erfolg an dich und an Emmanuel und ich hoffe, dass ihr bald eine Mülltonne habt. Freundlicher Gruß.")

Aber am Donnerstag gab es eine Trauerfeier für Madame F. und Madame C., die diese Woche von uns gegangen sind. Fatia, Estelle und ich planen gerade die Animation für November und Dezember. Nach meinem "Journée Allemagne" werde ich Anfang November Armbänder à la Lenste mit den Bewohnern machen.

Video: "We found love" - Rihanna ft. Calvin Harris

P.S.: Die Geburt der kleinen Giulia war hier keine große Schlagzeile.

Bisou, Lucie

Sonntag, 16. Oktober 2011

An Tagen wie diesen

An Tagen wie diesen hatte ich

- 24 Stunden keine Elektrizität, deshalb hatte ich keine warme Heizung;
- 3 kalte Duschen, weil das warme Wasser nur zeitweise funktionierte,
- 2 Tage keine Internetverbindung wie das gesamte „Maison Blanche“.

Wie selbstverständlich Elektrizität heutzutage ist, ist wirklich erschreckend! Ein Beispiel: Der Handy-Akku ist zu 20% voll. Ohne Strom kein Aufladen, ohne Akku kein Wecker und ohne Wecker kein pünktliches Aufstehen…das ist wie ein Kreislauf, der sich in Gang setzt. Wenn euch genauso viele Dinge einfallen wie mir, die ohne Elektrizität nicht gehen, seid ihr gut und könnt euch umarmt fühlen ;-)

Anfang der Woche ohne Storm bei Kerzenlicht im Dunkeln zu sitzen war scary. Licht an, Licht aus. Wenn man dann denkt, alles funktioniert wieder - zack - kannst die eigene Hand vor Augen nicht mehr sehen.

Eine kalte Dusche hat nur einen Vorteil: Man wird morgens schnell wach. In dem Zustand möchte man gleich wieder ins warme Bett krabbeln und nicht zur Arbeit.

Apropros Arbeit – diese Woche bestand natürlich nicht nur aus „häuslichen“ Problemen. Gut, ¾ des Personals im „Maison Belot“ ist krankgeschrieben und besonders Freitag bin ich „routiert“. Aber innerhalb der Woche haben die Bewohner, Estelle, Fatia und ich gemalt und angefangen, die herbstliche Dekoration zu basteln. Wir haben 6 Apfelkuchen gebacken. Das nächste Mal werden es zehn, damit meine „Küchentalente“ (wie Estelle begeistert feststellte) noch mehr Früchte tragen. Mit Estelle komme ich bisher super klar, obwohl mir schon mehrmals gesagt wurde, dass es bereits ein paar Probleme mit ihr und vorigen Freiwilligen gab und das nicht normal sei.
Bien fait, Lucie. Gut gemacht, Lucie.

Ich muss mich auch selbst loben und nicht nur gelobt werden, dass ich Montag beim Markieren der Kleidung einen neuen zeitlichen Rekord aufgestellt habe. Der Fortschritt ist kein Wunder, schließlich mache ich das dreimal die Woche.
Nach einem Monat auf der Arbeit fühle ich mich als nützlicher Teil des Ganzen, der die meisten Abläufe kennt und so weiter. Letzten Donnerstag hat mich die Sekretärin Joelle mit dem Auto mitgenommen, damit ich den 7-minütigen Weg zur Arbeit nicht gehen muss.

Was ist noch passiert? Seit Freitag habe ich einen französischen Haarschnitt, mein erstes Paket aus Deutschland hat den Weg zu mir gefunden (Danke, Mama und Laura. Ich habe über beide Ohren gestrahlt.) und für Emmanuels 20. Geburtstag habe ich alles gekauft, was man für einen Kuchen braucht. Jetzt muss ich noch ein paar obligatorische Dinge für meine Entsende- und Aufnahmeorganisation schreiben. Nicht nur ihr, sondern auch die interessiert es, ob es mir gut ergeht.

Liebe Bisous, Lucie

Sonntag, 9. Oktober 2011

C’est pour toi que je vis

Samstagabend, 19:45 Uhr. Tous est noir. Alles ist schwarz. Auch in Frankreich werden die Tage jetzt kürzer. Ich hatte mich schon auf den Abend gefreut, aber die plötzliche Dunkelheit, hätte Emmanuel und mir fast den Abend verdorben. Denn wir hätten die 34 rue du cordonnier im Gewerbegebiet nahe Montbéliard fast nicht gefunden. Wir hatten zwar eine Skizze als Wegbeschreibung, aber finde mal einen Kanal neben der Straße in völliger Dunkelheit! Hauptsache die französischen  Zebrastreifen sind abends beleuchtet, jeder einzelne.

Unser Ziel war die evangelische Kirche von Étupes. Dort sollte um 20 Uhr eine Veranstaltung von „Pulse“ stattfinden. Mit ganz viel Prière und Unité. Mit ganz viel Gebet und  Verbund. „Pulse“ ist eine Gemeinschaft aus Strasbourg und der Name bedeutet nicht etwa der Puls, sondern repräsentiert lediglich folgende Wörter: Priére, Unité, Louange, Service und Édification. Gebet, Verbundenheit, Lobpreisung, Service und Erbauung.

Tu donnes la vie. (deut.: Du gibst das Leben)
Als wir vor der Kirche – besser beschrieben als Gemeindehaus – ankamen, war das nicht wie zuvor in Delle. Dieses Mal waren ausschließlich Leute in unserem Alter da. In einem großen, ovalen Saal war eine kleine Bühne und Power-Point Leinwand aufgebaut worden. Trotz unserer Verspätung gab es noch ein paar freie Stühle, hier und da wurden wir mit einem Bisou begrüßt und es konnte losgehen.

- In Delle und in Étupes habe ich aus Respekt keine Fotos gemacht. Das erscheint mir einfach nicht angemessen -

Es ist sehr beeindruckend, welchen Stellenwert die Religion für die Franzosen hat. Die eigene Religion ist allgegenwärtig und in Kreisen der Gemeinden natürlich akzeptiert. An einem solchen Abend wie gestern würden sich 150 deutsche Jugendliche treffen und feiern gehen. Hier kommt man zusammen, um Gott selbst und die Liebe zu und von ihm zu feiern.

Da ich die meisten französischen Liedertexte nicht kannte, habe ich oft nicht mitgesungen, aber das musste ich auch nicht. Schließlich waren genug andere Leute um mich herum, die standen/saßen, sangen und die Hände in die Luft gehoben hatten. Das alles in orange-rotes Licht getaucht, hinterließ eine ganz eigene Wirkung. Die Lieder wurden begleitet von einem Klavier, einer Gitarre oder einem Schlagzeug.
Aber es wurde nicht nur gebetet und gesungen. Einer der „Pulse“-Organisatoren hielt eine lange Rede über verschiedene Bibelverse und deren Bedeutung. Eliane vom kanadische Duo [http://www.takemebeyond.com/] erzählte uns von ihrer früheren Depression und einer Bergwanderung und den damit verbundenen Ängsten, die Gott, der Freund, linderte. Das war relativ amüsant, weil Eliane einen sehr starken englischen Akzent hat und ihr Französisch eher nach Englisch klang. Mir stellte sich dabei die Frage, wie „schlimm“ mein Akzent wohl für andere ist. Zum Schluss sang das Duo noch eines ihrer Lieder in Englisch, aber der Liedtext wurde auf der Leinwand ins Französische übersetzt.

Nachdem das Programm vorbei war, haben wir uns noch ein bisschen mit Leuten unterhalten, die Emmanuel wohl flüchtig kennt.

Heute, Sonntag, gab es eine Art Kartoffelauflauf mit Rinderbraten zum Mittagessen und Pfirsich mit Sahne, Schokolade und Mandelstreuseln darauf. Lecker! Ich bin gespannt, was es gleich zum Abendessen gibt ;)

C’est pour toi que je vis. (deut.: Ich lebe wegen dir.)

Bisou, Lucie

Freitag, 7. Oktober 2011

Un mois est passé


Meine Lieben,
ein Monat ist vergangen seit ich Deutschland verlassen habe. Gerade bricht ein Regenschauer über Beaucourt herein. Das Wetter ändert sich. Anfang der Woche, Montag, war es bei 23 Grad sonnig. Heute, Donnerstag, ist es durch Wind und Wolken kühler. Die herbstlichen Blätter fallen jetzt leichter.

Nun, ihr müsst wissen, dass es hier gar keinen Herbst gibt. Ich befinde mich, glaube ich, gut 400 Meter über dem Meeresspiegel und Christine versichert mir: „Hier ist heiß und dann sofort kalt. Erst regnet es und ab Mitte Oktober ist Winter und der ist sehr lang, um die sechs Monate. Von Mitte Oktober bis April, ja, im April liegt noch Schnee.“ – wie ich mich darauf schon freue!

Schon wieder ist eine Arbeitswoche zu Ende. Was habe ich gemacht? Montag habe ich mittags mit Madame M. meine Französisch- und Spanisch-Vokabeln aufgebessert und abends im „Maison Blanche“ gegrillt und eine unglaublich leckere Schokoladen-Torte gegessen. Fatia geht es mit ihrer Erkältung etwas besser, dafür sind ein dutzend andere Leute krank oder dabei krank zu werden. Die sollen mir bloß fern bleiben. Der „Journée Allemagne avec Lucie“ wurde auf den 24. Oktober (meine deutsch-französische Schreibweise: 24.10.Oktober; mein Gehirn ist ausgelastet) verlegt.
Verschiedene Aufgaben wie zum Beispiel den Post-Kurier, die „Jeux sportifs“, die Markierung der Kleidung, die Maniküre, das Malen mit den Altenheim-Bewohnern oder das Servieren des Frühstücks u. Ä. mache ich mittlerweile allein. Das ist nicht zu unterschätzen mit Diabetes, Baumwolle, Polyester, Zwieback oder Baguette. Der Mensch ist ein Individium! Ich kümmere mich auch um eine neu eingezogene Bewohnerin, die, wenn ich richtig gerechnet habe, 96 Jahre alt ist. Das Durchschnitts-Alter würde ich mal behaupten.

Zweimal war ich diese Woche in Belfort. Einmal wegen meinen Papieren für die Versicherung. Das ging super schnell und problemlos, weil ich natürlich an alles gedacht habe, sodass Fatia und ich noch shoppen waren. Psst, Madame Wallet darf das natürlich nicht wissen. Wir mussten tierisch lange bei der Versicherung warten, die ganze Welt war da ;-)
Gut, Shoppen kann man es auch nicht nennen – eher Schaufenster-Gucken.
Das zweite Mal haben wir beide mit Emmanuel und Christine bei einer „Réunion“ teilgenommen. Eine Art Weiterbildung für Animateurinnen in sozialen Einrichtungen.
Das war interessant, aber immer zu zuhören war auch anstrengend.
Ansonsten mache ich „das Übliche“, helfe Bewohnern bei ihrer Internet-Recherche, unterhalte mich mit denjenigen, die noch ein paar deutsche Wörter kennen oder ich übersetze E-Mails von Angehörigen, die ihre ehemaligen  Brieffreunde wiedergefunden haben. Mehr oder weniger gut..

In zwei Wochen bekomme ich Besuch. Darauf freue ich mich schon ganz doll.

Aber in dem Monat, den ich jetzt hier bin, sind leider auch zwei Bewohner des „Maison Blanche“ und des „Maison Belot“ von uns gegangen.

Genießt ein herbstliches Wochenende,
eure Lucie

Montag, 3. Oktober 2011

Nous aimons les dimanches

“Tu es toujours là, je t’aime pour ca.“
(Du bist immer da, ich liebe dich dafür.)

„Je suis quelqu’un qui count pour toi.“
(Ich bin jemand, der dir etwas bedeutet.)

„Je veux croire, je veux ésperer, je veux aimer.“
(Ich will glauben, ich will hoffen, ich will lieben.)


Emmanuel und ich lieben die Sonntage. Warum? Im „Maison Blanche“ gibt es etwas Leckeres zu essen und nachmittags kommen für gewöhnlich drei reifere Damen über unsere Terrasse spaziert, um einen Plausch zu halten und sich bei uns niederzulassen. Arbeit und Privatsphäre sind hier untrennbar mit einander verbunden. Auch in der Woche kommen irgendwelche Personen bei uns vorbei und finden das wunderbar….letzten Freitag war es Estelle, die nachmittags doch nochmal den Autoschlüssel brauchte. Ansonsten gilt in Frankreich sonntags noch die Devise „Heute wird nicht gearbeitet.“ Ins Deutsche übertragen würde das bedeuten, dass man sonntags gleich im Bett liegen bleibt.


Emmanuel und ich haben das natürlich nicht gemacht. Dazu war das Wetter auch zu einladend. Wir sind Samstag und Sonntag nach Delle gefahren, um an zwei evangelischen Gottesdiensten teilzunehmen.

Aufgrund der französischen Trennung von Staat und Religion ist VISA, die Partnerorganisation, nicht religiös ausgelegt. Wenn es nach meiner deutschen Organisation ginge, soll ich mich während meines Freiwilligendienstes mit meiner eigenen Religion auseinandersetzen. Dieser Aufgabe nehme ich mich gerne an. Dabei muss ich sagen, dass ich mit Religion nicht allzu viel am Hut habe, auch wenn ich getauft und konfirmiert bin. Den verschiedenen Glaubensrichtungen gegenüber bin ich, denke ich, sehr aufgeschlossen. Bisher musste ich mir hier schon Aussagen wie „Krieg den Protestanten.“ anhören. Die Bewohner im Altenheim sind zumeist Katholiken.


l'image (c) Google
Umso schöner war es, fremde Leute zu treffen. Jugendliche im Alter von 11 bis 16 Jahren und Erwachsene, die einen sehr familiär aufgenommen haben. Natürlich gab es unter den Pubertierenden Ausnahmen, die einem keinen Bisou geben wollten. Dieses Mal waren Emmanuel und ich kein Paar, sondern Bruder und Schwester. Très marron. Sehr lustig.

Samstag gab es also um 17 Uhr das Zusammentreffen mit Manu Richerd, der für uns zum Thema „Existenz“ gesungen hat. Mit seiner begleitenden Gitarre sang er über Gott und die Reise des Lebens. Die voyage sur cette terre, finde ich, passt gut zu unserer derzeitigen Situation. Danach wurde gemeinsam gegessen und mehrmals „Stapeln“ gespielt. Nach Pizza, Chips und anderen Snacks gab es zum Dessert Schoko-Fondue.

Sonntag gab es um 10 Uhr einen öffentlichen Gottesdienst mit allem, was eben dazu gehört, und einer weiteren Gesangseinlage von Manu, der alle Kirchen Frankreichs abwechselnd besucht.Wir sind immer wieder herzlich willkommen, hat man uns  am Ende gesagt.

Während ich das hier schreibe, kommentiert Christine gerade am Telefon unser neustes probléme mit „Mince“ (Scheiße). L’ordinateur est mort. Der Computer ist tot. Ich weiß also nicht, wann ihr diesen Beitrag lesen werdet, aber ich wünsche euch morgen einen tollen Tag der deutschen Einheit. Mir wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.

Manu Richerd - Kontakt: Website | Facebook
Manu Richerd - Musique: MySpace
Manu Richerd - Interview: Youtube (ab 2:27)


P.S.: Der PC funktioniert mittlerweile wieder ;)


Eure Lucie